Unzählige Menschen bevölkern jeden Winter die gewalzten Skiautobahnen der Alpen. Wenn sie sich am Nachmittag waghalsig und mit zitternden Knien auf die Talabfahrt begeben, entlockt das echten Brettartisten nur ein müdes Lächeln. Doch es gibt Orte,da ist man unter Gleichgesinnten und die Pisten sorgen bei Könnern für den ultimativen Adrenalinkick.
Mittenwald/Dammkar (920m-2244m)
Kurz hinter München auf der Autobahn beginnt dichtes Schneetreiben und wir stehen im Stau. Ich werde langsam unruhig, denn die Chancen schwinden , dass wir die erste Auffahrt der Karwendelbahn in Mittenwald wie geplant erreichen.
Doch unser Flehen wird erhört. Kurz nach neun verlassen wir das Gebäude der Bergstation unterhalb der Karwendelspitze. Durch einen feuchten, 400Meter langen Tunnel gelangen wir zum Startpunkt von Deutschlands spektakulärster Skiabfahrt. Sieben Kilometer weiße Ehrfurcht – unpräpariert und wild. Wow, das erste Stück ist wirklich verdammt steil und für einen Augenblick kommen leichte Zweifel. Ich frage mich, ob die Peinlichkeit einer Talfahrt mit der Gondel vielleicht doch zu ertragen wäre? Jetzt nur nicht den Mut verlieren! Nochmal die Ausrüstung inspiziert und los geht’s. Der Schnee ist am frühen Morgen noch tief und unverspurt, so daß auch der erste „federweiche“ Sturz den Spass nicht trüben kann. Nach einigen kurzen Schwüngen bin ich im Rhythmus. Der frische Powder staubt mir ins Gesicht, jede Faser meines Körpers von Adrenalin durchströmt und da ist sie, die absolute Leichtigkeit des Gleitens.
Klar, die vielen Einheimischen nutzen meist die Überholspur, doch auch ich als Flachländer genieße jetzt den Tanz durch unberührten Tiefschnee. Wer nach dem schweren oberen Teil, der besonders am Nachmittag und bei geringerer Schneelage zum echten Konditionstest wird, eine Pause benötigt, der kann in der Dammkarhütte die Akkus nachladen. Dabei bietet sich von der Terrasse ein traumhafter Blick in die wilde, grau gezackte Szenerie des Karwendelgebirges und versetzt uns in demütiges Staunen. Hier ist das schwerste Stück bereits zurückgelegt. Der Rest ist pures Wintervergnügen und trotz der Anstrengung viel zu schnell vorbei.
Um zum Ausgangspunkt zurück zu gelangen, geht es über Ziehwege und ich kann durchatmen. Mit den Anderen witzele ich bei dem Gedanken, das Ineffizienz ein solches Maximum an Spaß hervorbringen konnte, denn erst als 1999 der Skibetrieb und die damit verbundene Pistenpräparierung eingestellt wurden, bekam Deutschland hier ein reines Freeriderevier. Neben diesem „Schmankerl“ bietet Mittenwald noch ein kleines Skigebiet am Kranzberg mit 20 überwiegend leichten Pistenkilometern, sodass auch einer Reise mit weniger geübten Begleitern nichts im Wege steht.
Infos unter: www.karwendelbahn.de
Chamonix (1035m-3842m)
Mehr geht nicht.
Schon die Auffahrt auf den imposanten Aiguille du Midi (3842m) ist ein Erlebnis der Extraklasse und versetzt schwindelfreie Bergfreaks in Verzückung. Oben angekommen, eröffnet sich ein großartiger Blick zum Gipfel des Mont Blanc. Für die Wagemutigen, welche nicht nur für diesen Augenschmaus heraufgekommen sind, beginnt nun ein Abfahrtsgenuss von dem echte Ski- und Bordfreaks selbst in heißen Sommernächte träumen. Vom Ausstieg links, die Knie vor Aufregung leicht zitternd, geht es den ausgesetzten Grat hinunter zum Gletscher. Hier beginnt eine atemberaubende Route über 22km Länge, verteilt auf 2800 Höhenmetern – ein Traum in weiß. Anfangs gibt es zwei Varianten, die sich aber bald wieder zur Standartabfahrt vereinigen. Dazu gibt es unzählige Möglichkeiten den Berg „zu reiten“. Egal ob weite Mulden, Sprünge über Felsklippen und Wechten, steile Waldpassagen, dem versierten Bretterfan wird hier alles geboten und einiges abverlangt.
Der absolute Reiz dieser Tour ,die sowohl sportliche Herausforderung als auch grandioses Naturerlebnis ist,liegt aber in ihrer Länge. Wenn man anderswo längst abschwingt und sich wieder in die Liftschlange einreiht scheint der weiße Rausch hier ein fast endloses Vergnügen.Auch als sehr guter, konditionsstarker Fahrer sollte man zumindest für die erste Tour einen Bergführer mitnehmen. Er weiß, wo die Hänge unverspürt sind und kennt die tückischen Gletscherspalten im oberen Bereich. Wer so vorbereitet, die Abfahrt einmal genießen konnte, wird süchtig. Versprochen!
Auch die schwarzen Pisten am Grande Montets bieten dem ambitionierten Fahrer viele Varianten sich auszutoben. Sie sind nicht nur überwiegend sehr steil, sondern zählen auch aufgrund ihrer Länge zu den Tiefschwarzen in Europa. Vom Ortsteil Argentiere schwebt die Seilbahn in zwei Sektionen dem Abenteuer entgegen.
Wer in den steilen Rinnen eine gute Figur macht, kann sich beim abendlichen Stelldichein in den unzähligen Clubs, Bars und Brasserien auf die Schulter klopfen lassen. Der Ort, eingebettet in die betörende Bergwelt der Hoch-Savoyen, ist das Mekka der bunten Szene der Skibums (Skivagabunden). Wenn das blase Licht der Dämmerung sich über die Talschaft legt, mischt sich ihr vielsprachiges Fachsimpeln mit dem hämmernden Sound der Nacht. Viele von ihnen bleiben den ganzen Winter und auch ansonsten ist Chamonix kaum vergleichbar mit anderen Skiorten. Die Olympiastadt von 1924 ist ein pulsierendes alpines Mekka und bietet eines der Topskigebiete weltweit.
Neben äußerst anspruchsvollen Abfahrten und hochalpinen Skitouren finden im Skiverbund MontBlach auch weniger sportliche Skifahrer genügend Abwechselung auf rund 700 Pistenkilometern. Die einzelnen Gebiete sind gut mit dem kostenlosen Skibus zu erreichen. Natürlich ist ein Skiurlaub in Chamonix nicht wirklich günstig und die Anreise relativ lang, doch auf den ambitionierten Wintersportler warten hier Herausforderungen, wie sie in Europa anderswo kaum zu finden sind.
Infos unter: www.chamonix.com
Individualreisen nach Frankreich